Postfiliale wird kampflos aufgegeben
Die Gemeindevertretung musste über eine Anfrage der Bundesnetzagentur beraten, deren etwas ungewöhnlicher Titel im besten Amtsdeutsch lautete:
„Herstellung des Benehmens für die Zulassung einer automatisierten Poststation in der Gemeinde Sülfeld“
Hintergrund ist eine Anpassung des Postgesetzes, die der Post die Möglichkeit einräumt, im Benehmen mit der Gemeinde einen Postautomaten als Ersatz für eine Filiale anzuerkennen. Diese Anerkennung ist wichtig, da die Post einen Infrastrukturauftrag hat und in jeder Gemeinde über 2.000 Einwohnern eine Filiale betreiben muss – nach einer solchen Anerkennung reicht allerdings ein Automat aus.
Aber was ist eigentlich dieses „Benehmen herstellen“? Dahinter verbirgt sich, dass die betroffene Gemeinde Einwände vorbringen kann, warum das keine gute Idee ist. Die Bundesnetzagentur muss diese Einwände abwägen und kann dann entscheiden. Deren Entscheidung muss nicht der Stellungnahme der Gemeinde entsprechen, denn das Benehmen ist hergestellt, wenn die Argumente gehört und ausreichend gewürdigt wurden.
Im Zentralausschuss wurde das Thema bereits beraten und man ist der Einschätzung der Amtsverwaltung gefolgt, dass keine Sachgründe dagegensprechen. Im Zuge der Vorbereitung auf die Sitzung der Gemeindevertretung haben wir allerdings eine umfangreiche Stellungnahme über zwei Seiten formuliert, die viele Argumente anführt, warum man dieses Vorhaben nicht unterstützen kann.
Wir haben Argumente angeführt, wie z.B. der schwierigen Erreichbarkeiten mit dem ÖPNV, Probleme älterer Menschen bei der Bedienung des Automaten, mangelnde Barrierefreiheit (obere Fächer nicht für alle erreichbar oder Bildschirmbedienung für Mensch mit einer Sehbehinderung) oder auch die Verteilung der Filialen in Nahe und Itzstedt, die nur 1,5 km auseinander liegen und erhalten bleiben.
Den kompletten Antrag könnt ihr hier anschauen:
Antrag Stellungnahme Postfiliale
Mit unserem Antrag hätten wir unserer Meinung nach eine realistische Chance gehabt, dass die Bundesnetzagentur unseren Einwänden folgt und somit die Filiale nicht ersetzt wird. Leider hat die CDU-Fraktion und große Teile der GRÜNEN-Fraktion das anders gesehen und sind der Meinung, dass wir uns nicht auf einen „Scheinkampf“ einlassen sollten. Es wurde der Fokus darauf gesetzt, dass man lieber eine Überdachung und Sonnenschutz für den Automaten, sowie das Verteilen von Erklär-Flyern an alle Haushalte fordern sollte – man kann es ja eh nicht verhindern.
Leider hat diese Mehrheit aus CDU, GRÜNEN (größtenteils) und einem Mitglied der SPD-Fraktion nicht bedacht, dass wir jetzt keinerlei Sachgründe gegen das Ersetzen anführen, sondern nur eine Wunschliste übermitteln. Die Bundesnetzagentur filtert jetzt die Sachargumente aus der Stellungnahme raus, was schnell geht, wenn keine vorhanden sind, und kann dann direkt das Benehmen als hergestellt betrachten. Mit Glück wird die Wunschliste noch an die Post übermittelt, aber mehr als vielleicht ein Flyer an die Haushalte wird dabei nicht rauskommen. Wenn das Schule macht, müsste die Post am Ende noch überall ein Dach aufstellen – das wird wohl nicht passieren.
Es ist für uns absolut unverständlich, dass die Mehrheit der Gemeindevertretung die ausgearbeiteten Sachgründe einfach nicht verwendet – die Arbeit haben wir ja schon erledigt. Wir hätten es noch verstanden, wenn man beide Dinge kombiniert und somit eine deutlich bessere Verhandlungsposition für eine Wunschliste hat. Aber valide Gründe einfach ablehnen, mit der Begründung, dass es ein aussichtsloser Kampf ist? Echt jetzt?
Eines sei noch gesagt: Der Automat bei Edeka ist natürlich auch eine Bereicherung und für viele bestimmt sehr praktisch, allein schon wegen der fast 24/7 Öffnungszeiten, aber den gibt es ja bereits und er wird sicherlich nicht wieder abgebaut, da schon die Möglichkeit der direkten Zustellung an den Automaten auf der Seite der Zustellung ein Effizienzgewinn ist. Aber der Automat ist halt nicht jedermanns Freund und wir als Gemeinde müssen uns nicht für eines von beiden entscheiden. Wir sind auch nicht der Unternehmensberater der Post, sondern fordern nur gesetzliche Vorgaben ein.
Leider ist durch den kurzsichtigen Beschluss der Gemeindevertretung die Wahrscheinlichkeit, dass die Filiale im nächsten Jahr geschlossen wird, auf 95% gestiegen. Wir wünschen allen viel Spaß zur Weihnachtszeit, wenn Pakete im Postdepot verweilen, weil der Automat voll ist oder Retouren dann bei der nächsten richtigen Filiale abgegeben werden müssen. Mit Glück gibt es dann noch eine Filiale in Itzstedt oder Nahe…

Bild von PIRO auf Pixabay
kann man das noch ändern?
Es gäbe theoretisch die Möglichkeit eines kassierenden Bürgerbegehrens. Kassierend, weil damit ein Beschluss einer Gemeindevertretung aufgehoben bzw. kassiert werden kann. Allerdings tritt die aufheben Wirkung erst in Kraft, wenn das Begehren mit Unterschriften eingereicht wird und von der Kommunalaufsicht für gültig befunden wurde. Es müssten etwa 350 Unterschriften gesammelt werden (10% der Einwohner).
Das müsste allerdings sehr schnell passieren, da die Stellungnahme an die Bundesnetzagentur jederzeit rausgehen könnte. 🙁
Klar können die Probleme mit voller Packstation auftreten aber Probleme gibt es ja vielmehr mit der persönlichen Zustellung, wenn man kein Ablageort bestimmt hat. Die Automaten werden schnell geleert, für Retoure hat man Zeit und gibt die am nächsten und den Tag danach ab. Alles viel leichter händelbar wie diese Öffnungszeiten und spontane Schließungen.
Der Automat ist sicherlich auch eine Bereicherung und erweitert die Möglichkeiten. Letztlich geht es ja nicht darum beides zu vergleichen. Es hätte eine Chance bestanden beides zu behalten – zumindest vorerst.
Übrigens wurde zum 01.10. eine neue, ehemalige Mitarbeiterin eingestellt und die Öffnungszeiten wieder erweitert. Damit sollte die Verlässlichkeit wieder alte Zeiten erreichen.
Viel zu spät, viel zu viele Kunden verärgert.
Mit einer neuen „Betreiberin“ hätte ich lieber eine Lösung in Edeka gesehen, ebenfalls Ladesäule.
Wenn es jemanden gäbe, der die Filiale übernehmen würde, wäre das natürlich super. Dann könnten die Öffnungszeiten auch flexibler gestaltet werden. Leider ist uns nicht bekannt, dass jemand Interesse hätte (z.B. Edeka oder Blumenladen). Das liegt sicherlich auch an der Vergütung. Ich persönlich war bis vor etwa 5 Jahren noch Partner der Post und habe den Vertrag gekündigt. Allerdings hatten wir kein Ladengeschäft, so dass man die Laufkundschaft hätte nutzen können.